Grußwort des Vorstandsvorsitzenden BHP. e.V. Prof. Dr. Heinrich Greving

Prof. Dr. Heinrich Greving | Vorstandsvorsitzender BHP e.V.
Prof. Dr. Heinrich Greving | Vorstandsvorsitzender BHP e.V.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

„Mit Anerkennung! Heilpädagogik in der Erkundung von Potenzialen“ – dieser Titel unserer diesjährigen Bundesfachtagung in Erfurt umreißt das Programm sowie grundlegende und weiterführende Professionsthemen der Heilpädagogik: Anerkennung stellt eine Grundlage, ja wenn nicht sogar die Haltung dar, von der aus Heilpädagogik gelebt und realisiert wird und in der Realisierung Potenziale erkundet. Diese Erkundung kann doppeldeutig betrachtet und interpretiert werden: Zum einen stellt sie eine Suchbewegung dar, vielleicht gar im Sinne einer heilpädagogischen
Diagnostik. Zum anderen geht sie davon aus, dass diese Potenziale in den jeweiligen Personen, Gegebenheiten und Organisationen vorhanden sind. Sie ist somit grundsätzlich ressourcenorientiert.

In der diesjährigen Bundesfachtagung steht die grundlegende Auseinandersetzung mit Anerkennungsprozessen und -vollzügen im Mittelpunkt, um diese in und für die Praxis der Heilpädagogik zu reflektieren. Aktuell zeigen sich Anerkennungsprozesse weltweit sowie in den Nahräumen eher problematisch: ja, wir befinden uns möglicherweise in einer Gesellschaft, die sich schwertut, den Anderen, den oder die (scheinbar) Fremden, Menschen marginalisierter Gruppen etc. anzuerkennen. Politisch und sozial sind die Themen der Auseinandersetzung mit Fremdheit so präsent wie nie – und werden von bestimmten politischen Gruppierungen intensiv in Richtung der Ausgrenzung geschürt. Die Heilpädagogik ist somit gut beraten, Fremdheit anzuerkennen und nicht als Negativum zu deuten. Vielmehr gilt es, das Nahe und Verbindende zu erkennen, Potenziale gemeinsam zu identifizieren und hiermit professionell tätig zu werden. Der Tagungstitel ist somit gleichermaßen politisch – und zwar brandaktuell politisch – als auch fachlich aufgeladen: Eine Heilpädagogik, welche gegenwärtig zu Themen der Zeit Stellung beziehen will, muss sich mit dem Thema der Anerkennung auseinandersetzen. Weiterhin zielt sie darauf, methodische und konzeptuelle Elemente abzuleiten, die die Ressourcen und Potenziale,
somit die Möglichkeitsräume meinen. Mit den Personen wird anerkennend gearbeitet: somit nicht an ihnen vorbei, sondern mit ihnen und mit Anerkennung.

Anerkennung und ihre Umsetzung findet in heilpädagogischen Handlungsfeldern interdisziplinär statt:
die unterschiedlichen Wissensbestände der Philosophie, der Anthropologie, der Soziologie, der Psychologie, der Rechts- und der Politikwissenschaften zum Thema der Anerkennung werden von der Heilpädagogik reflektiert: die Realisierung von Anerkennung findet auf dem Hintergrund dieser interdisziplinären Begründungen statt und wird für eine anerkennungsbasierte Planung und Umsetzung heilpädagogischer Methoden und Konzepte genutzt.

Ich wünsche uns und Ihnen eine Bundesfachtagung, in der wir gemeinsam Brücken zwischen einer theoretischen und vielfältigen Begründung der Anerkennung und einer heilpädagogischen Praxis entwickeln und gehen. Brücken, welche durchdrungen sind von einer wechselseitigen Wahrnehmung vielfältigster Anerkennungsprozesse mit dem Ziel, Teilhabe und Inklusion gemeinsam ressourcenorientiert Wirklichkeit werden zu lassen.

Prof. Dr. Heinrich Greving