DenkRaum 1

Datum: 03.06.2023
Uhrzeit: 11:00–13:00 Uhr

Moderation: Julia Fischer | Hochschule Nordhausen

Mit der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Heilpädagogik verfolgt der BHP das berufspolitische Ziel, mehr Heilpädagoginnen und Heilpädagogen für eine Tätigkeit in Lehre, Ausbildung und (höheren) Leitungsfunktionen zu qualifizieren, da diese Tätigkeiten ein hohes multiplikatorisches Potenzial heilpädagogischer Professionalität beinhalten. Auch im Hochschulbereich ist wissenschaftlicher Nachwuchs vonnöten. Im Rahmen dieses DenkRaumes werden vier Promotionsprojekte vorgestellt. Die Promovierenden stehen für Fragen und Diskussionen zur Verfügung.

Folgende Projekte werden vorgestellt:

Cordula Preuß

Wie muss ein systemtheoretisch-heilpädagogisches Handlungswerkzeug zum Umgang mit teamkulturellen Einflüssen auf die Arbeit in der Eingliederungshilfe/ Bereich Wohnen aussehen?

Hintergrund:
Fachkräfte in der Eingliederungshilfe arbeiten manchmal konträr zu den eigenen Grundprämissen (verinnerlichte und langfristig mental hinterlegte Einstellungen) oder denen der Organisation. Grundprämissen, die zu Auftragsbeginn mental abgebildet waren (Eingangsprämisse) , verändern sich im Laufe der Durchführung (Handlungsoutput), sodass ggf. konträr zur inneren Haltung gearbeitet wird. Im ungünstigsten Fall führt dies zu keiner zielführenden Handlung der Fachkraft für den Menschen mit Behinderung, der betreut oder gefördert werden sollte.

In der Einstellungsforschung ist bereits erforscht, dass Einstellungen Verhaltensweisen beeinflussen können.

Beweggründe in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung gibt es Zahlreiche: Menschenbild, Vertrauen, Lernprozesse, Geld, Erfolg, Macht u.dgl.m.
Die Forschungsarbeit nimmt an dieser Stelle explizit die Aspekte Grundprämissen und Menschenbild in den Fokus und setzt diese in den Zusammenhang zur umgesetzten Arbeit. Dazu dient das Leitbild oder die Organisationsstrategie einer Organisation der Eingliederungshilfe / Bereich Wohnen als Bezugsystem, sodass analysiert werden kann, was Fachkräfte in der Eingliederungshilfe in diesem Kontext zum leitbildkonträren oder leitbildkonformen Handeln bewegt.

Ziel:
Die Heilpädagogik ist stark geleitet von Ethik. Es ist von hohem Nutzen, wenn sich die Heilpädagogik mit ethischen Werkzeugen für ihre praktische Arbeit ausrüstet. In der aktuellen Zeit ist die Frage nach Werten und wertebasierter Orientierung hoch. Die Inklusion in Deutschland erfordert, dass viele verschiedene Fachkräfte mit unterschiedlichen Vorstellungen und Werten zusammenarbeiten und handlungsorientiert im Sinne des Menschen mit Behinderung bleiben („Gemeinsam an einem Strang ziehen.“). Diese Forschungsarbeit möchte ein heilpädagogisches Handlungswerkzeug generieren, welches systemisch-ethische Aspekte in den Fokus nimmt um den agogischen Teamprozess zielführend unterstützt. Was die Forschungsarbeit nicht möchte, ist das Generieren neuer ethischer Leitlinien oder Theorien. Ebenso möchte die Forschungsarbeit keine Unternehmensstrategien entwerfen.

Vorgehen:
Mixed-Methods-Design
Als Referenzpool werden Fachkräfte aus dem sensiblen Bereich des Intensiv-Wohnens durch Systemisches Arbeiten und ethische Fallbesprechungen begleitet. Die dabei entstehenden Daten liefern Erkenntnisse über Grundprämissen und Menschenbilder.

Diese Datensammlung findet im Rahmen des Projektes PINO statt.
Die Essenz dieser Daten wird in einen dreigliedrigen Fragebogen überführt, um Grundprämissen, Menschen- und Leitbilder zu eruieren. Dieser Fragebogen enthält einen primär quantitativen und einen qualitativen Anteil. Der Fragebogen wird deutschlandweit an Einrichtungen des Bereiches Wohnen (-Intensiv) versendet. Nach umfangreicher Analyse der gewonnenen Daten, fließen diese in die Synopse und sollen die Forschungsfrage beantworten.

Essenz:
Aus der Synopse ergeben sich die Grundpfeiler zur Erstellung eines heilpädagogischen Handlungswerkzeuges.

Dieses wird auf systemisch ethischen Aspekten basieren und fokussiert sich auf einen praxisorientierten Nutzen durch das harmonische Verbinden von Eingangsprämissen und Handlungsoutput.

Elisabeth Denzl

Im Dissertationsvorhaben (2021-vorauss. 2024) „Qualitative und quantitative Evaluation und Weiterentwicklung von Impulsfragen für die inklusive Gestaltung medienbildnerischer Praxis in frühpädagogischen Bildungseinrichtungen“ werden einmal Herausforderungen und Bedarfe bzgl. Medienbildung in frühpädagogischen Bildungseinrichtungen herausgearbeitet und zweitens werden diese in einer Sammlung von auf verschiedene Handlungsfelder (Denzl und Bleckmann 2023) in der frühpädagogischen Medienbildung bezogenen Fragen („Impulsfragen“) aufgegriffen. Das soll dabei aber nicht allein aus dem akademisch-wissenschaftlichen Diskurs geschehen, sondern hat die Verknüpfung von Theorie und Praxis zum Ziel, damit „das Wagnis eines gegenseitigen Lernprozesses“ (Coelen 2010) eingegangen werden kann. Dafür werden in einem partizipativ und transdisziplinär gestalteten Forschungsprozess mit mixed-methods-Design an Medienbildung beteiligte Akteur:innen (z.B. frühpädagogische Fachkräfte, Leitungen, Fachberater:innnen) miteinbezogen, um die medienbildnerische Realität (Nöte, Wünsche, Problematiken) erfassen und berücksichtigen zu können. Auch werden für eine Validierung, Weiterentwicklung und Evaluation der Impulsfragen zudem Expert:innen und ferner Studierende hinzugezogen. Ziel der Forschung ist die Gestaltung medienbildnerischer Praxis in der Frühpädagogik orientiert an den Bedarfen von Bildungseinrichtungen und Familien sowie auf Grundlagen der Medienpädagogik (Medienkompetenz & informatische Grundbildung), Forschung und Praxis der Pädagogik der frühen Kindheit, Kindergesundheit (Medienwirkungsforschung & Therapie), Medien(sucht)prävention, Resilienz-/ Salutogeneseforschung, Heilpädagogik/ Inklusion sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung.

Hierfür soll ein praktisches Handlungstool, mit den „Impulsfragen“ als zentralem Gegenstand, erarbeitet werden, in welchem die Individualität (z. B. hinsichtlich Konzept, pädagogischer Richtung, Zielgruppe, individuellen Herausforderungen von Einrichtungen) und die inklusiven Potentiale frühpädagogischer Einrichtungen berücksichtigt werden können.
Zum Zeitpunkt der Bundesfachtagung des BHPs ist der qualitative Datenerhebung abgeschlossen und deren Analyse weit fortgeschritten; erste Ergebnisse aus der Interviewerhebung mit pädagogischen Fachkräften und Expert:innen (Auswertungsmethodik: qualitative Inhaltsanalyse und Grounded Theory) können vorgestellt und diskutiert werden. Ein erstes Handlungstool in Form eines Kartensets als Prototyps soll vorgestellt und kann durch die Teilnehmenden des Denkraums auf dessen Praxistauglichkeit hin evaluiert werden können.

Literaturverzeichnis
Coelen, Thomas (2010): Transdisziplinäre Bildungs- und Sozialforschung. Methodologische Überlegungen und ein methodischer Vorschlag. In: Christine Riegel und Barbara Stauber (Hg.): Transdisziplinäre Jugendforschung. Grundlagen und Forschungskonzepte. 1. Aufl. Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwissenschaften, S. 159–180.

Denzl, Elisabeth; Bleckmann, Paula (2023): „SESAM öffne Dich“ – Eine Toolbox mit Impulsfragen für nachhaltige Medienbildung in der Kita. Posterpräsentation. Jahrestagung der Sektion Pädagogik der frühen Kindheit. Universität Leipzig. Leipzig, 09.03.2023. Online verfügbar unter https://www.alanus.edu/fileadmin/user_upload/Poster_20230312.pdf, zuletzt geprüft am 13.02.2023.