Ausgerechnet in den ersten Monaten, in dem das Bundesteilhabegesetz in Kraft getreten ist, hat die Corona-Pandemie zu Schutzmaßnahmen geführt, die die Teilhabe und die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung insbesondere in Wohnheimen viel massiver eingeschränkt haben, als das für andere Bevölkerungsgruppen der Fall war. Und nicht selten sind Menschen mit Behinderung zu ihren Nächsten gezogen, um den Kontaktsperren nicht ausgesetzt sein. Um nicht missverstanden zu werden: Es war und ist notwendig, Menschen mit Behinderung und diejenigen die mit ihnen arbeiten, vor COVID-19 Infektionen zu schützen. Und im März und April, in denen noch keine empirischen Studien zu Infektionsrisiken bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung vorlagen, was es sicher richtig, vorsichtig zu sein. Aber: Gab und gibt es nicht wirksamere personenzentrierte Schutzalternativen zu institutionszentrierten Shutdowns? Was lehrt uns die Pandemie über das Leben in Wohninstitutionen? Warum haben Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in den Medien und in der Öffentlichkeit fast keine Aufmerksamkeit gefunden? Wie haben sich die Akteure verhalten, die sonst immer im Namen von Menschen mit Behinderung sprechen? Diese und andere Fragen möchte ich mit Ihnen auf der Grundlage eigener Überlegungen und empirischer Daten diskutieren.

Vortrag: Friedrich Dieckmann