Meine Dissertation mit dem Arbeitstitel „Innen- und Außenwelten beim ADH-Syndrom“ fokussiert die therapeutische Beziehung zwischen einem Therapeuten und einem 8-jährigen Jungen mit ADHS in einer tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie. Die Qualität der therapeutischen Beziehung wird in der Psychotherapieforschung, sowie Schulen übergreifend als zentraler Wirkfaktor einer Therapie angesehen (vgl. Orlinsky et al. 2004). Die Wirksamkeit einer therapeutischen Beziehung hängt jedoch von einer individuellen Passung ab, die prozessbezogen und flexibel gehandhabt werden muss und zudem, je nach Therapieschule, auch konzeptuell unterschiedlich beschrieben wird (vgl. Senf/Broda/Wilms 2020, S. 105). Hier wird insbesondere darauf verwiesen, dass die Komplementarität der Beziehungsgestaltung die Grundlage für einen fruchtbaren Veränderungsprozess darstellt (vgl. Grawe 1992). In meiner Studie greife ich, gemäß der Ausrichtung der vorliegenden Therapieform, auf die Beziehungsdiagnostik der OPD-KJ zurück, welche sich theoretisch auf ein psychoanalytisch-interaktionistisches Entwicklungsmodell bezieht und die Wirksamkeit der therapeutischen Beziehung als Verknüpfung des Übertragungskonzepts mit dem dyadischen Beziehungskonzept versteht (vgl. OPD-KJ-2, 2020). Aus der Beobachterperspektive werden dazu videografierte Therapiesitzungen zu unterschiedlichen Messzeitpunkten hinsichtlich des reziproken Beziehungsverhaltens untersucht und durch Sequenzbeschreibungen ergänzt, um zudem die inhaltliche Dimension der Verhaltensausprägungen aufzuzeigen. Ziel der Untersuchung ist es, nicht nur die Abstimmungsverhältnisse in Verbindung mit der inhaltlichen Ausprägung und die Veränderungen von potenziellen Beziehungsthemen des Jungen über den Verlauf der Therapie zu beschreiben. Es geht auch darum, mit einer in der pädagogischen Praxis einsetzbaren Methodik (OPD-KJ) die Potenzialität eines Transfers der Forschungsergebnisse in diese zu prüfen. Die Beobachtungen des Beziehungsverhaltens eines Jungen mit ADHS-Diagnose können hier zu einem Wissen über Beziehungsanliegen und Beziehungsthemen beitragen, die einen Blick hinter die Symptomatik von ADHS erlauben. 

Quellen:

Arbeitskreis OPD-KJ-2 (2012): Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik im Kindes- und Jugendalter, Bern

Grawe, K. (1992). Komplementäre Beziehungsgestaltung als Mittel zur Herstellung  einer  guten Therapiebeziehung.  In:  J.  Margraf  &  J.  C.  Brengelmann (Hrsg.), Die Therapeut-Patient-Beziehung in der Verhaltenstherapie (S. 215–244), München

Orlinsky, D.E., Ronnestad, M.H. & Willutzki, U. (2004). Fifty years of psychotherapy process-outcome research: Continuity and Change. In M.J. Lambert (Ed.), Bergin and Garfield’s Handbook of Psychotherapy and Behavior Change, New York

Senf, Wolfgang/Broda, Michael/Voos, Dunja/Neher, Martin/Ahlers, Christoph (2020): Praxis der Psychotherapie: Ein integratives Lehrbuch, Stuttgart