Kernaussagen zum Vortrag

Die Debatte um Inklusion hat seit der 2009 in Deutschland in Kraft getretenen UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) zwar an Popularität gewonnen, aber inzwischen ist es recht still geworden um dieses Menschenrechtsprojekt. Gelegentlich hat man gar den Eindruck, dass ihm der politische Atem ausgeht.

Das mag zunächst einmal daran liegen, dass die BRK eine völkerrechtliche Vereinbarung darstellt, die oftmals ungeklärt lässt, welche individuell einklagbaren Rechte daraus für Menschen mit Behinderungen erwachsen. Eindeutig ist jedenfalls, dass die verstärkte Mitwirkung von Menschen mit Behinderungen beispielsweise innerhalb des Regelschulsystems oder auch des Arbeitsmarktes eine Reihe von rechtlichen, sozialrechtlichen und finanziellen Investitionen verlangt. Diesbezüglich ist aber wenig politische Substanz erkennbar.

Im Gegenteil drängt sich der Eindruck auf, dass das Thema Inklusion zunehmend entpolitisiert wird zugunsten moralischer Figuren des Appells an die Zivilgesellschaft. Es wird eine „Kultur der Gastfreundschaft“ oder „der Achtsamkeit“ eingefordert, es werden Inklusionspreise auf Bundes- und auf Länderebene ausgelobt, Internetplattformen für innovative Ideen und Projekte in zuständigen Ministerien eingerichtet. Aber jede arbeitsmarkt-, sozial- oder bildungspolitisch eindeutige Maßnahme wie etwa die Einrichtung eines inklusionsorientierten, öffentlich geförderten Arbeitsmarktes, wird unter den Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel gestellt.

Es wird daher Zeit, eine Bilanz zu ziehen, die die Politik mit dieser Art der Inklusionslüge konfrontiert.

Referent: Prof. Dr. Uwe Becker