Unterstützte Kommunikation als Thema einer Organisationskultur – Analyse in Wohneinrichtungen durch eine qualitative Studie

von Theresa Aßmann

Im Rahmen des Promotionsvorhabens wird die Erfassung von Organisationskultur unter dem Fokus der Unterstützten Kommunikation (UK) mit Erwachsenen mit Behinderungen in Wohnangeboten der Eingliederungshilfe erforscht. Folgende Fragestellung ist dabei leitend: „Welche subjektiven Bedeutungszuschreibungen geben verschiedene Akteure und Akteurinnen einer Einrichtung dem Thema UK mit Erwachsenen mit Behinderungen auf den verschiedenen Ebenen der Organisationskultur?“

Für die Erschließung des Forschungsfeldes wird das Organisationskulturmodell nach Schein (Schein 2006) als Analyseschema verwendet. Organisationskultur lässt sich nach diesem Modell auf drei Ebenen (Symbole&Zeichen, Normen&Standards, Basisannahmen) beschreiben, die unterschiedlich zugänglich sind. Ziel ist es durch die Betrachtung der verschiedenen Ebenen möglichst umfassende Aspekte von Organisationskultur unter dem Fokus UK zu erheben und darzustellen. Die Organisationskultur konstituiert sich durch die Zusammenschau und Wechselwirkung der verschiedenen Ebenen. Im Kern der Organisationskultur liegen die gemeinsamen und unausgesprochenen Basisannahmen. Diese werden mittels leitfadengestützten Interviews mit Mitarbeitenden unterschiedlicher Funktion erhoben. Darüber hinaus werden externe und interne Dokumente (Leitbild, Qualitätshandbuch, hausinterne Zeitung u.a.) hinzugezogen und analysiert, um sich der Organisationskultur auch auf sichtbareren und beschreibbareren Ebenen anzunähern. Die Interviews sowie die Dokumente werden anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring analysiert und ausgewertet (vgl. Mayring, 2002).

Durch die Analyse sollen perspektivisch handlungsleitende Empfehlungen für Wohnangebote für Erwachsenen mit Behinderungen entwickelt werden, um damit alternative Kommunikationsmöglichkeiten gelingender in den Einrichtungen etablieren und verankern zu können.

Erste Auswertungsergebnisse zeigen, dass sich UK auf den unterschiedlichen Ebenen der Organisationskultur abbildet. Verbindungen lassen sich aufzeigen und Zusammenhänge verschiedener Annahmen der Organisationskultur diskutieren.

Literatur:
Mayring, Phillip (Hg.) (2002) Einführung in die qualitative Sozialforschung, Beltz- Verlag, Weinheim
Schein, Edgar H. (Hg.) (2006) Organisationskultur. The Ed Schein Corporate Culture Survival Guide, EHP, Bergisch Gladbach


„Heteronomie, Autonomie und Self-Empowerment in Beratungskontexten der Eingliederungshilfe in Thüringen“

Ermöglichung selbstbestimmten Wohnens und Lebens von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen durch personenzentrierten Wissenstransfer

von Julia Fischer

Wohn- und Lebensräume haben für Menschen eine hohe Bedeutsamkeit. Sie bilden den Mittelpunkt, welcher eine direkte Auswirkung auf die Gestaltungsmöglichkeiten hat und Handlungsspielräume eröffnen oder auch verschließen kann.

Der Kennzahlenvergleich der Eingliederungshilfe der Bundesarbeitsgemeinschaft überörtlicher Sozialträger (BAGüS) zeigt auf, dass vorwiegend und seit Jahren unverändert, Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen im stationären Wohnkontext zu verzeichnen sind (63,1%). Dem gegenüber stehen 6,5% der Menschen mit körperlichen Einschränkungen und 30,4 % Menschen mit psychischen Einschränkungen. Verglichen mit dem Kennzahlenvergleich aus dem Jahr 2017 ist zu erkennen, dass 0,5% weniger Menschen mit kognitiven Einschränkungen in stationären Kontexten leben (Vgl. BAGüS Kennzahlenvergleich, 2017:18 f. und 2020:18 f.).  Dies bestätigt, dass die Wohnsituation bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen nur marginale Veränderungen hinsichtlich der Möglichkeit des selbst bestimmten Lebens aufzeigen.

Vor allem wird ein barrierefreier Zugang zu hierfür notwendigen Informationen, beispielweise durch bedarfszentrierte Beratungsstrukturen, als unbedingt notwendig erachtet.  Denn nur wer den Zugang zu Wissen erhält und dieses für sich nutzbar machen kann, erhält die Möglichkeit, sich selbst zu ermächtigen (Self-Empowerment), über die eigene Teilhabe zukünftig aktiv selbst zu entscheiden (Autonomie) und sich aus Abhängigkeitsbeziehungen und Fremdbestimmung (Heteronomie) herauszulösen.

Aus diesem Grund sollen in der Dissertation die Qualität der Wissens- und Informationsaufbereitung, die bedarfsangepasste Wissenstransferierung an den Personenkreis der Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen sowie die Qualität des Theorie-Praxis-Transfers in den Beratungsstrukturen der Eingliederungshilfe in Thüringen im Bereich selbstbestimmtes Wohnen und Leben differenzierter untersucht und mögliche personenzentrierte Handlungsleitlinien aus den Forschungserkenntnissen transformativ und partizipativ generiert werden.

Folgende Hypothesenfragen leiten das Promotionsvorhaben:

  • Welche Möglichkeiten und Grenzen existieren aktuell in den Beratungsstrukturen der Eingliederungshilfe in Thüringen bei der Vermittlung notwendiger Informationen zum Thema selbstbestimmtes Wohnen und Leben?
  • Wie wird der Zugang zu Informationen zum selbstbestimmten Wohnen und Leben, die Qualität sowie die Barrierefreiheit durch die betroffenen Menschen bewertet?
  • Wie wird der Zugang zu Informationen zum selbstbestimmten Wohnen und Leben, die Qualität sowie die Barrierefreiheit von den BeraterInnen bewertet?
  • Welche alternativen Möglichkeiten haben betroffene Akteure zur Informations- und Wissensgewinnung?

Das Forschungsvorhaben zeichnet sich durch eine Mixed-Method Forschung aus. Hierbei werden qualitative, quantitative und partizipative Forschungsmethoden konstruktiv kombiniert und wirksam eingesetzt.